Smart Life – im Cockpit der Dinge

  • Vorname: Glas
  • Nachnahme: Klar
  • Beruf: Heimpilot
  • Arbeitsort: Cockpit

Glas Klar wird überwacht, alle seine Zahlungsvorgänge werden aufgezeichnet (Bürger Glas Klar). Sie stehen bei Bedarf zur Verfügung. Sein Konsumverhalten ist bekannt (Big Data). Verlässt er sein Haus, steht er Logo_ImVisier3 unzähliger Kameras, öffentlicher und privater: im Strassenverkehr, auf Marktplätzen, in Bahnhöfen, Banken, Kaufhäusern, Spitälern, Schulen… Erreicht er seinen Arbeitsplatz, steht er unter Leistungskontrolle seiner Arbeitgeber.

Doch das ist noch nicht alles: Bleibt er zu Hause, überwacht er sich selbst und seine Mitbewohner über das Internet der Dinge. Es stört ihn nicht. Statt die Überwachung zu verhindern oder zu vermindern, tut er das Gegenteil. Er sitzt im Cockpit der Dinge und überlässt das Optimieren dem Autopiloten. Glas Klar ist überwachungsresistent. Er lässt es Geschehen.

Wir alle sind Glas Klar, sitzen im Cockpit der Dinge und pilotieren durch unser Leben, umgeben von Sensoren und Aktoren, die uns überwachen und unterstützen, rund um die Uhr, ein Leben lang. Willkommen bei „Smart Life“.

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Zahnbürsten, die Intensität und Dauer der Zahnpflege messen, das Fitness-Armband, das die Anzahl Schritte misst, Kontaktlinsen, die den Blutzuckergehalt messen, der blinkende Schirm im Schirmständer, der aufkommenden Regen meldet, die Geschirrspühlmaschine, die rechtzeitig ankündigt, dass der Klarspühler zur Neige geht, der Mercedes im Strassengraben, der die Einsatzzentrale informiert – das alles ist nicht neu, nein, nur fancy – die direkte Kommunikation vom Ding zum Inhaber ist so alt wie die Rollläden mit Helligkeitssensor.

Neu kommunizieren elektronische und elektromechanische Dinge mit Dingen (internet of things, IoT), „machine to machine“.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

M2M ersetzen Telefongespräche, Weisungen, Entscheidfindungen. Die Toilette misst die Urinwerte, analysiert und meldet das Ergebnis dem Hausarzt. Oder die Dampfabzugshaube wird gesteuert durch das direkt darunter liegende Kochfeld. Kein Ding bleibt so dumm, wie es einmal war, es wird – ein wenig – intelligenter, künstliche Intelligenz ist das Stichwort. Wearables messen Körperdaten wie Blutdruck, Puls, Kalorienverbrauch, Schlafzeiten und teilen die Ergebnisse der Krankenkasse mit (zur Berechnung der Krankenkassenprämie!), Fahrzeugversicherer zeichnen das Fahrverhalten auf (um den Risiken in der Prämiengestaltung Rechnung zu tragen), und zu Hause wirkt der Autopilot.

Smart Home für Technofreaks

Smart Home Systeme vernetzen alle Sensoren zu Hause wie Leuchten (oder Lichtarrangements), Musikanlagen (Audiosysteme), Wärme- und Kältetechnik, Zugangssysteme, Haushaltgeräte (Backöfen) über hochintegrierte leistungsstarke Mikrocomputer. Alle Streaming-Dienste können auch unterwegs ausgelöst werden (für das vergessen gegangene Bügeleisen). Dazu stehen APP’s zur Verfügung, die es dem Nutzer ermöglichen, das intelligente Haussystem zu orchestrieren. Firmen, welche sog. LPWAN (Low Power Area Network) errichten, brauchen weder eine Lizenz noch eine Bewilligung für die Installation der Funkstationen. Ein Beispiel für intelligentes Wohnen: Digitalstrom – EIN/AUS war gestern. Mit SmartLife von Swisscom überwachen Sie Ihr Zuhause via Smartphone, wenn Sie abwesend sind.

Nicht nur Convenience (für jung und alt) und Status, auch Energiesparen kann im Vordergrund stehen. Dank Trittsensoren und Bewegungsmelder weiss der Steuercomputer, in welchen Räumen sich jemand aufhält und sorgt dort gezielt für Licht, Frischluft und angenehme Wärme (systemintegrierte thermische und elektrische Sonnenkollektoren, Erdsonden und Wärmepumpen).

Was früher über Kabel gestreamt wurde (Kabelstränge in Wänden und Zwischendecken), kann heute über Funktechnik erfolgen. Und kommuniziert wird zukünftig über die natürliche Sprache. Es ist 06.30 Uhr. Glas Klar ist unter der Dusche und ruft über Sprachsteuerung seine nächsten Termine ab: „Erste Sitzung 08.15 Uhr im Baur au Lac“, Stadtmitte. Er kommandiert seine Zweitwohnung, sein Mikroeigenheim, ein selbstgesteuertes rundum vernetztes Fahrzeug, um 07.30 Uhr vor die Haustür.

Smart Road Office – das Internet der rollenden Dinge

Glas Klar wohnt im Grüngürtel, ein wenig abseits der Agglomeration – frische Luft, absolute Ruhe. Der Arbeitsweg ist nicht mehr wichtig, in seinem selbstgesteuerten Mikroeigenheim kann er sich auf die nächsten Termine vorbereiten. Pünktlich um 08.00 Uhr verlässt er sein Fahrzeug vor dem Baur au Lac. Alle persönlichen Daten und Einstellungen werden gesperrt. Das Fahrzeug steht ab sofort zur Verfügung der Fahrtenvermittlungs-Internetplattform „Xuber“, einer Konkurrenzorganisation zu Uber.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Das Fahrzeug nimmt unverzüglich den Taxi- und Lieferdienst für Dritte auf. Es braucht keinen Parkplatz, es ist immer unterwegs. Einmal pro Tag macht es einen Reinigungs-, Wartungs- und Update Stopp. Und am Abend steht es wieder Glas Klar zur Verfügung, frisch gereinigt mit einem Reset, das die persönliche Konnektivität wieder herstellt. Sein Fahrzeug, sein Eigentum, seine Investition.

„Xuber“ ist noch eine Geschäftsidee – mit überwältigenden Vorteilen: Finanziert durch die Inhaber der Fahrzeuge (oder Kreditinstitute), vermarktet über Internetplattform-Dienstleister, das Ganze multiplikativ umgesetzt, weltweit, in rasendem Tempo.

Für die Inhaber ist das selbstfahrende Mikroeigenheim nicht mehr Cost-Center, es ist Ertragsquelle, laufend auf dem neuesten Stand, prioritär verfügbar für 24 Stunden (vgl. auch Industrie 4). Die Nutzer der Taxi- und Lieferdienste erzielen gewaltige Kostenvorteile. Diese können soweit gehen, dass sie vollständig entfallen (gratis sind): das gebuchte Restaurant übernimmt die Fahrtkosten, das Shopping- oder Fitness-Center, die Kosmetik- und Wellness-Oase, oder eine Vermarktungs-Gesellschaft für die Gelegenheit, dem Nutzer während der Fahrt Produkte und Dienstleistungen vorstellen zu dürfen.

Und nebenbei: Was das Ganze für den öffentlichen Verkehr bedeutet, haben wohl die Wenigsten so richtig begriffen.

Digital Health – personalisierte Medizin

Glas Klar ist gesundheitsbewusst. Er hat sich ein Implantat unter die Haut setzen lassen, welches Gesundheitsdaten erfasst und misst. Haut durchleuchten, Spritze setzen, einen reiskorngrossen Chip in die Hautfalte zwischen Daumen und Zeigefinger jagen, bisher eine Domäne der Veterinäre für unsere Haustiere. Das Implantat übernimmt zwei Aufgaben:

Erstens stellt es sämtliche Daten für Vertragspartner zur Verfügung (wie elektronische Patientendossiers), die aus den gesammelten Daten Muster erkennen und analysieren. Dafür erhält der Implantatträger individuelle Vorschläge zu Ernährung, Bewegungen und Medikamentenüberwachung und -dosierung.

Zweitens haben die Daten Einfluss auf die persönliche Prämiengestaltung für Krankenkassen: selbstschädigendes Verhalten wird geächtet und über Prämienzuschläge bestraft (ins Reich der kranken Phantasie gehört, dass ungesundes Verhalten, das zu einem früher Tod führt, belohnt wird).

Als Ersatz für Implantate kommen natürlich auch Wearables in Frage wie Smart Watches. Auf jeden Fall wird das Internet der Dinge auch die Gesundheitsbranche revolutionieren.  Digital Farming für den Agrarsektor wäre ein weiteres Beispiel (Feldsensoren).(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Dass nach einer Studie von Ernst & Young vom Dezember 2015 (bei 700 Unternehmungen in der Schweiz) die neuen digitalen Technologien für zwei Drittel der Studienteilnehmer (Unternehmungen mit 30 bis 2000 Mitarbeiter) gar keine oder kaum eine Rolle spielen für das eigene Geschäftsmodell, verblüfft vollends und macht sprachlos. Nokia prognostiziert, dass im Jahr 2025 weltweit 30 Milliarden Geräte am Internet der Dinge teilnehmen werden.

Neue Netze – Strahlenschutz?

Das Internet der Dinge ist auf Sensoren, Chips und auf ein Netz angewiesen. Swisscom will ein solches Netz aufbauen, das bis Ende Jahr 80% der Bevölkerung erreichen soll. Im Vergleich zum Handynetz sollen die Investitionen geringer sein, man spricht von einem einstelligen Millionenbetrag, bei vollständiger Abdeckung bis hin zu den Gebäuden von einem mittleren zweistelligen. Zwar müssen zusätzliche Sender aufgestellt werden (im Abstand von 5 bis 15 Kilometer), bestehende Masten können jedoch verwendet werden. Da die Antennen für dieses Netz eine tiefe Sendeleistung voraussetzen, braucht es dazu keine Bewilligung und für das Frequenzband keine Konzession (die Datenübertragung erfolgt über konzessionsfreie Frequenzbänder im Sub-GHz-Bereich).(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Es sind Frequenzen, die auch für Garagentoröffner und Babyphones verwendet werden. Auch SIM-Karten entfallen. Werden sporadisch kleine Datenmengen übertragen (im Low Power Wide Area Network – LPWAN), kann eine Knopfbatterie im Sender bis drei Jahre und länger halten.

Das Antennennetz der Swisscom für das Internet der Dinge basiert auf dem  „Lora-WAN“ Standard (Long Range Wide Area Network) für Pakete, Briefkästen (Push-Mitteilungen) oder Fahrzeuge (zusammen mit Partnergesellschaften errichtet die Swisscom Parkplätze mit Sensoren, welche erkennen, ob ein Fahrzeug die Parkplätze besetzt).

Die Strahlung der Funkstationen soll ungleich schwächer sein als bei herkömmlichen Anlagen. Doch fehlen Erhebungen. Der Strahlenschutz bleibt ein Thema.

Smart Home, Smart Road Office und Digital Health, drei Anwendungsbereiche die zeigen, dass mit dem Internet der Dinge völlig neue Märkte erschlossen werden. In Zukunftsszenarien werden über implantierte NFC-Mikrochips Körper vernetzt (Near Field Communication). Per Handschlag bezahlen und ohne Schlüssel Türen öffnen und Fahrzeuge starten. Daneben wichtige Dokumente speichern wie Passwörter, Personalausweise, Führerschein, Allergien, Unfälle, Krankheiten, das eigene Testament. Der Nutzer wird zum integralen Bestandteil des Internet der Dinge, des „Internet of us“. Doch diese Lebenserleichterungsindustrie fördert auch die Vermarktungs- sowie die zivile und öffentliche Überwachungsindustrie.

Risiken – noch alles im Griff?

Die Dinge mit Internetanschluss sind schlecht gesichert (es fehlen die Sicherheitsnormen), sie können die Nutzer überwachen oder einfach Daten sammeln die zu Werbezwecken missbraucht werden. Ist die zentrale Software proprietär, hat man keine Chance, die Privatspähre zu schützen. Die Bedeutung der freien Software ist andererseits noch wenig diskutiert:(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Freie Software erfüllt vier Forderungen: „Die Nutzer des Programms dürfen dieses nach Belieben ausführen. Sie dürfen es untersuchen und anpassen. Zudem dürfen sie es kopieren und weitergeben. Und auch ihre Anpassungen dürfen sie mit anderen Leuten teilen“ (Richard Stallman im Interview mit der BZ vom 11. Februar 2016). Ähnliches gilt für die Open-Source. Der Quellcode wird mitgeliefert. Im Gegensatz dazu darf die proprietäre Software nur so genutzt werden, wie die Hersteller es erlauben. Erworben wird das fertig kompilierte Programm. Der Programmcode wird nicht offen gelegt. Deshalb entfallen Anpassungen, Erweiterungen und die Suche nach Schwachstellen oder schädlichen Funktionen (Malware).

Gefahren aus dem Überstaat – wir sind gewarnt

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Glas Klar

Die öffentliche Sicherheit, die Gesundheit der Bevölkerung, die private Sicherheit – sind in vielen Belangen eine Zielsetzung des Staates. Unzählige Daten aus den omnipräsenten Sensoren für Smart Life stehen auch dem Staat zur Verfügung. Doch der demokratische Staat hat keinen Erziehungsauftrag und erst recht keinen Therapieauftrag. Bürger geben und nehmen im Rahmen einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenordnung. Damit die vielen Glas Klar Risiken eingehen, Kreatives suchen und Neues schaffen, müssen die staatlichen Institutionen unkontrollierte Freiräume zulassen. Der selbstbestimmende Glas Klar braucht ein gewisses Mass an Autonomie und Distanz, Authentizität.

Aus linker Seite erkennbar ist eine grosse Erwartung nach Konformität – Meinungskonformität, Leistungskonformität, Verhaltenskonformität. Eigensinn stösst an. Zuviel davon schadet der Wohlstandsentwicklung, stört das Wertesystem, muss in Schranken gehalten werden, meinen sie.

Tempo 30 gilt nicht nur bei starkem Verkehr, Tempo 30 gilt auch am morgen früh um 05.00 Uhr, wenn niemand unterwegs ist. Kontrolliert und bestraft wird aus Prinzip, Ausnahmen sind nicht vorgesehen.

Der Staat unterwirft, diszipliniert, übt Macht aus, wenn und soweit wir es zulassen. Die technische Entwicklung der allgegenwärtigen Sensoren und Aktoren gibt dem Staat bisher unbekannte Mittel in die Hand, den Bürger Glas Klar in die Leitplanken zu zwingen und zwar jene Leitplanken, die der Mainstream zur Zeit als richtig gesetzt erachtet. Und die Unterwerfungsbereitschaft kann erschrecken, nicht in Deutschland, hier in der Schweiz!

Citizen Score – ein soziales Punktesystem für alle Bürger – später

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Hätte man Ihnen vor 10 Jahren gesagt, dass dereinst

  • die Banken Negativzinsen auf Ihrem Sparkonto in Erwägung ziehen
  • Geld- und Wirtschaftspolitiker ungeniert darüber diskutieren, das Bargeld abzuschaffen

hätten Sie vermutlich den Kopf geschüttelt. Undenkbar. Hören Sie heute, dass

  • im Rahmen der Digitalisierung der Staat Kontroll- und Lenkungsaufgaben übernimmt, die unsere Individualität und Freiheit grob einschränken

schütteln Sie auch noch den Kopf? Was denken Sie? Teilen Sie es uns mit.

08.04.2016/Renzo Zbinden

 

 

 

 

Bürger Glas Klar

Die Steuerveranlagungsbehörde macht eine Stichprobe:

Sie prüft die Vermögensveränderung gegenüber der letzten Veranlagung (eine IT-basierte Routinearbeit) und stellt fest, dass das Nettovermögen um 300’000 CHF zugenommen hat, kann sich aber nicht erklären, woher die Zunahme kommt. Kein aussergewöhnlicher Zugang aus Kapitalabfindung, Erbschaft oder Schenkung, keine Wertpapierkurs-, Grundstück- oder Lotteriegewinne. Der Steuerexperte nimmt mit dem Steuerpflichtigen Kontakt auf und gibt ihm Gelegenheit, die Herkunft für den Nettovermögenszugang von 300’000 CHF zu erhellen. So die Praxis heute.

Und nun ein Schritt in die Zukunft, ins Steuerjahr 2025, nach Einführung AIA (Automatischer-Informationsaustausch) Etappe 1 für Ausländer und AIA Etappe 2 für Inländer. 2025 erhält die Veranlagungsbehörde alle Steuerfaktoren aus dem AIA. Unnütz, den Steuerpflichtigen auch noch eine Steuererklärung machen zu lassen. Genauso überflüssig  – ein Veranlagungsexperte – ausser bei unplausiblen „verdächtigen“ Datenkonstellationen. In solchen Fällen hat er zukünftig die Möglichkeit, alle über AIA zufliessenden Daten eingehend zu prüfen auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Plausibilität. Es übermitteln folgende Datenquellen (Schnittstellen):(Klicken Sie zum Weiterlesen)

  • der Arbeitgeber: Erwerbseinkommen, Spesenvergütungen (erfolgt in einer Vielzahl von Kantonen schon heute)
  • die Pensionskasse: Altersrente, Kinderrente, Witwenrente u.a. (erfolgt teilweise schon heute)
  • die inländischen und ausländischen Finanzinstitute: Depotauszüge mit Finanzvermögen bzw. Kontokorrente, Spareinlagen, Finanzanlagen zu Kurswerten (per Ende Steuerjahr), Vermögenserträge und Kapitalgewinne, Kursgewinne (der Steuerperiode), Hypothekaranlagen (per Ende Steuerjahr) und Hypothekarzinsen (der Steuerperiode), alle aussergewöhnlichen Finanztransaktionen (der Steuerperiode). Versicherungsinstitute melden alle abgeschlossenen Versicherungsverträge (per Ende Steuerjahr) sowie die ausbezalten Renten (der Steuerperiode)
  • das Grundstückamt: Liegenschaften (per Ende Steuerjahr) und Ertrag aus Liegenschaften bzw. Eigenmietwert (der Steuerperiode), belehnte und unbelehte Schuldbriefe (per Ende Steuerjahr)
  • das Sozialamt: Erwerbsunterbruch, Arbeitslosenentschädigung, Ersatzeinkommen wie AHV und Invalidenrente, EO (Militär-, Schutz- und Zivieldienst)
  • die Einwohnerkontrolle: Wohnort, Zivilstand, Kinder
  • der Krankenkassenverband: Arzt- und Spitalkosten, Krankenkassenprämien

Ergänzend fliessen über das Steuer-Inkassobüro alle Informationen über bezahlte und ausstehende Steuern.

Der „double check“ führt zu keinen neuen Erkenntnissen. Der Nettovermögenszugang von 300’000 CHF bleibt „out of the blue“, unerklärbar. Auch die Berechnung des Privatverbrauchs – nach Einführung des Bargeldverbots ein Leichtes für die Steuerverwaltung – hilft nicht weiter.

Rodolfo Buletti aus Magliaso erhält die von der IT-Abteilung der Veranlagungsbehörde erstellte Vermögensnachweisberechnung mit der Aufforderung, innerhalb der nächsten 20 Tagen nachzuweisen, woher der differenzberechnete Vermögenszugang von 300’000 CHF komme. Andernfalls würden diese 300’000 CHF als steuerpflichtiges Einkommen aufgerechnet und ein Strafverfahren eingeleitet.

Es ist nun an ihm, den Sachverhalt zu klären, er hat die Beweispflicht, und nicht mehr die Veranlagungsbehörde, und dafür 20 Tage Zeit.

Rodolfo Buletti, heute mit Steuererklärung im Gespräch mit der Veranlagungsbehörde, morgen ohne Steuererklärung ein ertapptes Steuersubjekt in Beweispflicht: er wird es nicht einfach haben, wenig spricht für ihn. Ein Bürger Glasklar. Wie kam es dazu?

AIA Etappe 1 – der Abschied vom Bankgeheimnis für Ausländer mit Schweizer Bankkonten

Der Steuerstreit mit dem Ausland ist entschieden.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Der Bundesrat hat am 5. Juni 2015 zwei Botschaften zu den zentralen Rechtsgrundlagen überwiesen (dabei die „Botschaft vom 5. Juni 2015 zur Genehmigung der multilateralen Vereinbahrung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und zu ihrer Umsetzung“. Das entsprechende „Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen“, das AIA-Gesetz, ging in die Vernehmlasung. Die parlamentarischen Beratungen haben stattgfunden. Die ersten beiden AIA-Abkommen betreffen die EU und Australien, es folgen Japan und andere Länder.

Der AIA (Etappe 1) soll gewährleisten, dass das Finanzvermögen, das Steuerpflichtige im Ausland anlegen (Ausländer in der Schweiz und Schweizer im Ausland) nach nationalem Steuerrecht besteuert wird. Dazu müssen die einheimischen Banken (von Steuerpflichtigen, die Finanzvermögen im Ausland haben) folgende Daten übermitteln:(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Steuer-Identifikationsnummer, Name, Adresse, Geburtsdatum, alle Kontonummern, Kontostand und Einkommensarten. Die Saldo- und Ertragspositionen müssen u.a. beinhalten: Zinsertrag, Dividenden, Renten, Einnahmen aus bestimmten Versicherungsverträgen (wie Lebensversicherungen) und Erlöse aus der Veräusserung von Finanzvermögen.

Der mit dem AIA verbundene Verwaltungsaufwand wird – wenn einmal alle OECD Staaten mitmachen – gewaltig sein. So sind die Schweizer Finanzinstitute verpflichtet abzuklären, in welchen Ländern ihre Inhaber von Bankkonten steuerlich Domizil haben (gestützt auf Selbstauskünfte). Betroffen sind Privatpersonen, Firmen, Stiftungen. Die Banken liefern die Daten an die nationalen Steuerbehörden, welche diese automatisch an die Herkunftsländer (Steuerdomizile) der Steuerpflichtigen weiterleiten. Wie die Schweizerische Bankiervereinigung bestätigt, werden die Daten ab dem 1.1.2017 erhoben und 2018 grenzüberschreitend ausgetauscht. Frühere Daten werden nicht automatisch ausgetauscht.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Im Rahmen des Fatca-Abkommens werden schon heute Daten an die USA übermittelt. Der Druck der USA war letztlich auch der Grund, den von der OECD erarbeiteten globalen AIA-Standard zu übernehmen (für die Schweiz hiess das weg von der Quellensteuer, den Finanzdienstleistungs- und den wenigen Abgeltungssteuer-Abkommen). Ergänzend und hier nur am Rande erwähnt seien die laufenden Bestrebungen für einen spontanen und grenzüberschreitenden AIA betreffend internationale Konzerne (Beps – „Base Erosion and Proft Shifting“) ohne vorgängige Gesuchstellung des Übereinkommensstaates, beispielsweise bei bloss vermuteten steuerverkürzenden Gewinnverlagerungen (transfer pricing).

Es darf vermutet werden, dass der eine oder andere Schweizer noch böse Überraschungen erleben wird

Der AIA soll das Aufdecken von Steuerhinterziehung erleichtern (bzw. die Steuerhinterziehung erschweren), besser noch Anreiz dafür sein, im Ausland angelegtes Geldvermögen im Inland zu deklarieren. Noch nicht alle haben es gemerkt: Dies betrifft natürlich auch Schweizer Steuerpflichtige mit Finanzvermögen im Ausland! Der Bundesrat wollte, dass die einheimischen Steuerbehörden (die Steuerverwaltung der Kantone) die aus dem Ausland erhaltenen Daten weiterverwenden dürfen, was für die Linke ohnehin selbstverständlich war (die Informationen fliessen vom Ausland an die eidgenössiche Steuerverwaltung, welche diese an die kantonale Steuerverwaltung weiterleitet).

Wer als in der Schweiz Steuerpflichtiger unversteuertes Vermögen im Ausland besitzt, tut gut daran, seine Vermögensverhältnisse noch in diesem Jahr zu bereinigen.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Dies betrifft u.a. Bankkonten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb ausländischer Immobilien errichtet wurden oder zur Regelung von ausländischen Erbschafts- und Rentenansprüchen dienen. Bankkonten, die per 31.12.2016 aufgelöst sind, werden nicht gemeldet. Alternativ wäre die straflose Selbstanzeige. Dabei wird das hinterzogene Vermögen im Nachhinein versteuert (für bis 10 Jahre), ergänzend kommen Verzugszinsen dazu. Die Strafsteuern, die ein Mehrfaches der geschuldeten Steuern ausmachen können, entfallen.

Bei der breiten Bevölkerung findet der AIA (Etappe 1) grundsätzlich Zustimmung, solange jedenfalls, als das Bankgeheimnis für Schweizer Bürger nicht zur Disposition steht. Doch das ist vermutlich nur eine Frage der Zeit.


Der politische Druck auf das inländische Bankgeheimnis wird zunehmen

Die nächste Etappe 2 führt dazu, die erprobten Prozesse der Erfassung und -übermittlung von Finanzdaten auch auf inländische Bankkunden auszudehnen. Linke Parteien meinen schon heute, es könne doch nicht sein, dass für inländische Steuerpflichtige andere Kriterien gelten sollen als für ausländische. Die Steuergerechtigkeit sei nicht teilbar. Wer ehrlich deklariere, habe nichts zu befürchten. Auf reiche Steuerhinterzieher dürfe man keine Rücksicht nehmen. Im Gegenteil: es sei eine willkommene Gelegenheit, mit diesen Mehrsteuern die zunehmenden Staatsaufgaben zu finanzieren und die Steuerbelastung für den Mittelstand zu reduzieren. Rational könne man sich dieser Auffassung nicht verschliessen. Steuerhinterziehung sei kein Kavaliersdelikt, die fehlbaren Steuerpflichtigen seien zur Rechenschaft zu ziehen. Doch, wenn dem so ist, fliessen auch die Daten von unbescholtenen Steuerzahlern (der Mehrheit aller Steuerzahler) ebenso hin und her, eine riesige Datenmenge, die es prozessorientiert zu verwalten gilt, ein Bündel letztlich privater Transaktionen unter einer Nummer, Bürger Glas Klar, Steuer-Identifikationsnummer x’xxx’xxx. Vorschläge gehen dahin, die bestehende AHV-Nummer zu verwenden. Und über diese Nummer laufen dann alle Daten, aus allen Quellen, über alle Lebensbereiche, von der Geburt bis zum Tod, pausenlos und dauerhaft.


Bürger Glas Klar

Zahlen4
Bürger Glas Klar

Kommen diese Daten zusammen mit den Daten zum Konsumverhalten, gibt es kein Halten mehr. Denn für Bürger Glas Klar interessieren sich auch andere Behörden. Der Staat kontrolliert, wer über die Grenze einkaufen geht, der Krankenkassenverband, wie er sich ernährt (Junkfood, Alkohol), das Sozialamt, wo er sich aufhält. Sicherheitsprüfungen, Baugesuche, was auch immer, der Griff zum digitalen Dossier ist der erste Schritt für alle Belange. Ein schreckliche Vision.

Was an Daten vorliegt, wird gehackt, gestohlen und verkauft. Nicht vergessen, wir leben in einer Zeit, wo deutsche Behörden mit Datendieben höchst offiziell Verkaufsverhandlungen führen!(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Hier nicht unerwähnt bleiben darf die Volksinitiative „Ja zum Schutz der Privatsphäre“. Der Gegenentwurf der nationalrätlichen Wirtschaftskommission soll den Initiativtext glätten und im wesentlichen den Status quo festlegen.

Bürger Glas Klar wehrt sich, wehrt sich nicht, wehrt sich …

Nicht aus Überzeugung, aus purer Not hat die Schweiz das Bankgeheimnis für ausländische Bankkunden fallen gelassen. Es besteht das grosse Risiko, dass es dabei nicht bleiben wird. Es ist hier nicht der Ort, um über Vor- und Nachteile der Weissgeldstrategie zu diskutieren oder über alternative Anlageformen zur Steueroptimierung. Es geht hier um den Schutz der Privatspähre.

AIA Etappe 2 würden wir nicht aus äusserem Druck einführen, sondern aus innerem Pressing, aus politischen Motiven, die unkritisch betrachtet erst noch überzeugen können: Steuerehrlichkeit, Steuer- und Prozessgleichheit, Fairness.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Der politische Wunsch nach mehr Umverteilung wird nicht ausbleiben: es genügt ein leichtes Drehen an der Steuerschraube und die Steuerbelastung und -entlastung nimmt andere Wege, ein Traum für Etatisten, ein Alptraum für liberale Geister. Auch wäre es ein Leichtes, bei Steuerverzug oder Verdacht auf Steuerhinterziehung sämtliche Bankkonten zu sperren.

Doch was ethisch vorgeschoben wird, hat auch etwas zu tun mit Missgunst, Neid, Rechthaberei, Kontrollgläubigkeit, Unfreiheit. Was technisch möglich ist, muss nicht auch richtig sein. Dem Überwachungsstaat sind Grenzen zu setzen, der Bürger ist vom Staat zu schützen, nicht umgekehrt.

Unsere Vorfahren haben für die Freiheit gekämpft – wir kämpfen nicht mehr, wir lassen es geschehen. Nicht Feinde – Nachbarn, Bekannte, Schweizer Bürger mit hohen moralischen Ansprüchen rufen heute nach staatlichen Überwachungs- und Kontrollmechanismen, die unsere Individualität massiv einschränken. Ohne Widerstand wird uns diese Entwicklung überrollen, nach und nach, auf dem administrativen Weg, schleichend und im Verborgenen. Stoppt diesen Unsinn an der Wurzel, stärkt den Datenschützer.

Die allgegenwärtige Überwachung durch Kameras auf öffentlichem Grund kommt noch hinzu, und das selbst errichtete „Internet der Dinge“ auf privatem Grund ebenso. DemnächstLogo_ImVisier3

 

 

25.02.2016/Renzo Zbinden