Der Überstaat – China als Endziel?

Frühjahr 2020, China macht es vor: Die Reisebeschränkungen in der Provinz Hubei werden gelockert. Wer einen grünen Code auf dem Handy-Bezahlsystem «Alipay» hat, darf die Provinz verlassen. Wer einen roten oder gelben Code hat, muss warten. Grundsätzlich eine hervorragende Art, Corona-Ansteckungen zu verhindern. Doch mit welchen Folgen? Es lohnt sich, nach Antworten zu suchen.

Facial Recognition – lächelnde Gesichter

In China ist der bargeldlose Einkauf schon fast die Regel, wobei bargeldlos nicht bedeuten muss, mit Kreditkarten zu bezahlen. Chinesen bevorzugen Smartphone-Apps wie «WeChat» oder eben «Alipay».(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Wer in China einen neuen Handyvertrag abschliessen will muss sein Gesicht scannen lassen, damit später die Übereinstimmung zwischen dem offiziellen Ausweis und der vorweisenden Person geprüft werden kann. SIM-Karten können auf diese Weise nicht weiterverkauft bzw. mit gestohlenen Identitäten keine Einkäufe mehr getätigt werden.

Doch Handy-Bezahlsysteme braucht es in Zukunft auch nicht mehr, die Entwicklung geht weiter in Richtung «Smile to Pay». Der Käufer tritt vor die Kamera und lächelt. Die Gesichtserkennung löst die Zahlung aus.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Bei der Gesichtserkennung werden die Abstände verschiedener Punkte im Gesicht vermessen, so beispielsweise die Breite der Nase. Jedes Gesicht erhält auf diese Weise einen unverwechselbaren Code, den «Face Print». Je mehr Punkte im Gesicht vermessen werden, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, die vor der Kamera stehende Person richtig zu identifizieren.

Die Gesichtserkennung dient auch zum Einchecken in Hotels oder als Boarding-Pass beim Fliegen. Wer ein Warenhaus betritt wird mit Namen begrüsst, im Hintergrund das ihm bekannte Verkaufspersonal aufgeboten und personalisierte Angebote vorbereitet. Erfahrene Verkäufer, vertraute Ware, hohe Kundenzufriedenheit. Auch im Restaurant: persönliche Begrüssung und Bedienung, individuelle Menüvorschläge gestützt auf frühere Bestellungen.

Was auf den ersten Blick als effizient und sinnvoll erscheint, birgt jedoch gewaltige Risiken. Wie uns bekannt wird die Datenspur, die der Kunde durch sein Verhalten hinterlässt, analysiert, verwertet (und allenfalls weiterverkauft). Gestützt auf Big Data erstellen globale Technologiegiganten bereits heute Bewegungs-, Verhaltens- und Persönlichkeitsprofile.

Die Kommerzialisierung des Privaten durch digitale Geschäftsmodelle ist nicht neu, der Missbrauch der Datenflut zu staatspolitischen Zwecken hingegen schon. Die mehr oder weniger unkontrollierte Verletzung der Privatsphäre zu nicht kommerziellen Zwecken führt in eine Zukunft, die wir uns bisher nicht vorstellen konnten.

Die monumentale Datenkrake als Herrschaftsinstrument

Die Kommunistische Partei Chinas hat schon vor Jahren die Chancen erkannt, das Verhalten der Einwohner zu überwachen und in ihrem Sinne zu lenken. Das heutige Überwachungssystem ist digitalisiert und aufgrund der technologischen Möglichkeiten völlig entpersonalisiert. Es stehen keine Personen mit emotionalen Regungen hinter dem Überwachungssystem, keine Personen mit ethischen Ansprüchen, mit Gespür für Zusammenhänge (wie dies bei Blockwarten der Fall war), nur die hoch entwickelte Hard- und Software in Verbindung mit der künstlichen Intelligenz. Wobei der Begriff «nur» zu relativieren ist.

Das Überwachungssystem verfügt über 600 Millionen Kameras. Dem Auge des Staates bleibt nichts verborgen. Der Polizeistaat begleitet seine Einwohner rund um die Uhr. Um die Summe der Beobachtungen zu quantifizieren und zu qualifizieren, braucht es ein Punktesystem, ein Rating, gestützt auf Algorithmen:

 «Citizen Score»

Vorbild für «Citizen Score» ist eine Variante, die der Onlinehändler Alibaba einsetzt.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Über das eingangs erwähnte Bezahlsystem Alipay vermittelt Alibaba den «Sesame Credit», gestützt auf eine «erworbene» Bonitätsskala. Je nach Anzahl Punkte erhält der Kunde einen Sofortkredit unterschiedlicher Höhe und unterschiedlicher Verzinsung. Oder es ist einfacher, ein Auto zu mieten, ohne Kaution oder ein Visum zu erhalten.

Wer sich im Sinne der Partei verhält, wird belohnt, wer nicht, hat die Konsequenzen zu tragen. Als Beispiel hängen die Punkte davon ab, welche Websites häufig besucht werden. Wer Computerspiele einkauft sinkt im Rating, wer Windeln einkauft steigt im Rating. Dahinter steht der Gedanke, dass Eltern verantwortungsvoller sind als Personen, die ihre Freizeit vor dem Computer mit Videospielen verschwenden. Das Rating lässt sich verbessern durch ehrenamtliche Engagements für die Gesellschaft oder für die Partei, Spenden für wohltätige Zwecke, Blutspenden oder was auch immer. Ein hohes Rating öffnet den Weg zu einem privilegierten Leben, besseren Schulen für die Kinder, eine gehobene Gesundheitsversorgung oder für eine Beschäftigung bei Regierungsstellen oder Staatskonzernen.

Welche Daten mit welcher Gewichtung erfasst werden bleibt intransparent. Man geht davon aus, dass insbesondere solche über die Vertragstreue und die Zahlungsfähigkeit, die persönlichen Kontakte und über das Verhalten erfasst werden. Hinzu kommen Daten aus dem Strafregister, der Krankenkasse, der Rentenversicherung und weitere aus staatlichen Institutionen.

Der Druck, das persönliche Rating bekannt zu geben ist gross. Wer will schon Mitarbeiter mit einem schlechten Rating. Denn die Unternehmen selbst sind Gegenstand eines Ratings.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

CSCS – das «Corporate-Social-Credit-System» ist ein digitales Überwachungssystem, welches das Verhalten von Unternehmungen bewertet und als Folge belohnt und bestraft. Mutiert wird die Datenbank durch die Behörde (wie Finanzämter, Börsenaufsicht).

Belohnt wird u.a. durch Steuergeschenke, bestraft durch den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen.

The Peoples Bank of China – 100 Yuan 1990

Die digitale Diktatur

Gelingt es China, das Verhalten der Gesellschaft zu verändern? Man kann es nicht leugnen: mit Sicherheit ja. CSCS ist ein Lenkungsinstrument, um die Effizienz auf Stufe Wirtschaft zu steigern. Auch die gesunde Ernährung lässt sich steuern, umweltbewusstes Verhalten ebenso, der soziale Frieden teilweise auch. Was die Auswirkungen auf den persönlichen Wohlstand sind (das Bruttosozialprodukt pro Kopf), die Lebensdauer und die persönliche Zufriedenheit, ist eine andere Frage.

Die freie Wirtschaftsordnung des Westens mit seinen komplizierten Entscheidungsprozessen und seinen weitgehenden Datenschutzgesetzen kann hier nicht gleichziehen. Und die Schweiz ist nicht China.

China ist ein riesiges Land mit extremer Migration und mit gigantischen Ballungszentren, ein Land mit gewaltigem Wachstum und kaum unter Kontrolle zu haltender Korruption. Die Herrschafts- und Machtinstrumente können nicht ähnlich sein. Vergleichen wir trotzdem:

Darf man erwarten und muss man befürchten, dass ein Polizeistaat chinesischer Prägung dank hochentwickelter Überwachungs- und Führungsinstrumente nicht heute aber in Zukunft der freien sozialen Marktwirtschaft überlegen sein wird? Ermöglicht «Citizen Score» bedürfnisgerechtere Angebotsstrukturen, eine gesündere Lebensführung, zwar weniger Freiräume, jedoch gerechtere Wohlstandsverteilung? Der Anspruch ist auf jeden Fall unerhört.

Da errichtet ein Staat, der sich der Kontrolle der Bürger entzieht, die Meinungs- und Pressefreiheit verhindert, ein allgegenwärtiges Überwachungssystem, um eben diese Bürger zu bevormunden – eine eigentliche Verhaltensdiktatur, einen Überstaat.

Machtverschiebungen zugunsten von Staat und Gesellschaft – ein Vorbild?

Was erwartet uns nach Covid-19? Für eine Prognose ist es noch zu früh. Naheliegend ist die Vermutung, dass der Staat gestärkt aus dieser Krise hervorgeht und die Wirtschaft geschwächt. Der Staat hat sich Rechte geholt, die er behalten will, in die Wirtschaft eingegriffen, wo es ratsam erschien. Lenkungs-Politiker werden sich bestätigt sehen, Wirtschaftsliberale werden es nicht einfach haben. Die Erwartungen an den Staat werden nicht zurückgehen, im Gegenteil. Der Überstaat soll es richten, individuelle Notlagen ausgleichen, nicht nur auf Zeit, sondern auch langfristig durch immer umfassendere Umverteilung.

Beispiele dafür können sein: das bedingungslose Grundeinkommen, der Verzicht auf Bargeld, die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln, die Entglobalisierung, Lieferketten im Pharmabereich, Auslagerung von Arbeitsplätzen Richtung Home-Office, Direktlieferungen an Haushalte, der Verzicht auf Flugreisen, Pflichtlagerhaltung, Schulwesen, die Schuldenbremse, wohl kaum ein Bereich wird unverändert aus der Corona-Krise hervorgehen.

Keine Arbeitgeber sollen Konkurs gehen und keine Arbeitnehmer ihre Stelle verlieren! Es sollen die Konjunkturrisiken der Arbeitgeber und die Arbeitsrisken der Arbeitnehmer an eine wohlmeinende und gütliche Obrigkeit abgetreten werden. Der Sozialstaat soll es richten, mit einem starken Fokus auf die Umverteilung und verklärt durch ideologische Programme. Der Überstaat als Endziel?  

Wer stemmt sich dagegen?

11.04.2020/Renzo Zbinden

Smart Life – im Cockpit der Dinge

  • Vorname: Glas
  • Nachnahme: Klar
  • Beruf: Heimpilot
  • Arbeitsort: Cockpit

Glas Klar wird überwacht, alle seine Zahlungsvorgänge werden aufgezeichnet (Bürger Glas Klar). Sie stehen bei Bedarf zur Verfügung. Sein Konsumverhalten ist bekannt (Big Data). Verlässt er sein Haus, steht er Logo_ImVisier3 unzähliger Kameras, öffentlicher und privater: im Strassenverkehr, auf Marktplätzen, in Bahnhöfen, Banken, Kaufhäusern, Spitälern, Schulen… Erreicht er seinen Arbeitsplatz, steht er unter Leistungskontrolle seiner Arbeitgeber.

Doch das ist noch nicht alles: Bleibt er zu Hause, überwacht er sich selbst und seine Mitbewohner über das Internet der Dinge. Es stört ihn nicht. Statt die Überwachung zu verhindern oder zu vermindern, tut er das Gegenteil. Er sitzt im Cockpit der Dinge und überlässt das Optimieren dem Autopiloten. Glas Klar ist überwachungsresistent. Er lässt es Geschehen.

Wir alle sind Glas Klar, sitzen im Cockpit der Dinge und pilotieren durch unser Leben, umgeben von Sensoren und Aktoren, die uns überwachen und unterstützen, rund um die Uhr, ein Leben lang. Willkommen bei „Smart Life“.

Neu?(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Zahnbürsten, die Intensität und Dauer der Zahnpflege messen, das Fitness-Armband, das die Anzahl Schritte misst, Kontaktlinsen, die den Blutzuckergehalt messen, der blinkende Schirm im Schirmständer, der aufkommenden Regen meldet, die Geschirrspühlmaschine, die rechtzeitig ankündigt, dass der Klarspühler zur Neige geht, der Mercedes im Strassengraben, der die Einsatzzentrale informiert – das alles ist nicht neu, nein, nur fancy – die direkte Kommunikation vom Ding zum Inhaber ist so alt wie die Rollläden mit Helligkeitssensor.

Neu kommunizieren elektronische und elektromechanische Dinge mit Dingen (internet of things, IoT), „machine to machine“.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

M2M ersetzen Telefongespräche, Weisungen, Entscheidfindungen. Die Toilette misst die Urinwerte, analysiert und meldet das Ergebnis dem Hausarzt. Oder die Dampfabzugshaube wird gesteuert durch das direkt darunter liegende Kochfeld. Kein Ding bleibt so dumm, wie es einmal war, es wird – ein wenig – intelligenter, künstliche Intelligenz ist das Stichwort. Wearables messen Körperdaten wie Blutdruck, Puls, Kalorienverbrauch, Schlafzeiten und teilen die Ergebnisse der Krankenkasse mit (zur Berechnung der Krankenkassenprämie!), Fahrzeugversicherer zeichnen das Fahrverhalten auf (um den Risiken in der Prämiengestaltung Rechnung zu tragen), und zu Hause wirkt der Autopilot.

Smart Home für Technofreaks

Smart Home Systeme vernetzen alle Sensoren zu Hause wie Leuchten (oder Lichtarrangements), Musikanlagen (Audiosysteme), Wärme- und Kältetechnik, Zugangssysteme, Haushaltgeräte (Backöfen) über hochintegrierte leistungsstarke Mikrocomputer. Alle Streaming-Dienste können auch unterwegs ausgelöst werden (für das vergessen gegangene Bügeleisen). Dazu stehen APP’s zur Verfügung, die es dem Nutzer ermöglichen, das intelligente Haussystem zu orchestrieren. Firmen, welche sog. LPWAN (Low Power Area Network) errichten, brauchen weder eine Lizenz noch eine Bewilligung für die Installation der Funkstationen. Ein Beispiel für intelligentes Wohnen: Digitalstrom – EIN/AUS war gestern. Mit SmartLife von Swisscom überwachen Sie Ihr Zuhause via Smartphone, wenn Sie abwesend sind.

Nicht nur Convenience (für jung und alt) und Status, auch Energiesparen kann im Vordergrund stehen. Dank Trittsensoren und Bewegungsmelder weiss der Steuercomputer, in welchen Räumen sich jemand aufhält und sorgt dort gezielt für Licht, Frischluft und angenehme Wärme (systemintegrierte thermische und elektrische Sonnenkollektoren, Erdsonden und Wärmepumpen).

Was früher über Kabel gestreamt wurde (Kabelstränge in Wänden und Zwischendecken), kann heute über Funktechnik erfolgen. Und kommuniziert wird zukünftig über die natürliche Sprache. Es ist 06.30 Uhr. Glas Klar ist unter der Dusche und ruft über Sprachsteuerung seine nächsten Termine ab: „Erste Sitzung 08.15 Uhr im Baur au Lac“, Stadtmitte. Er kommandiert seine Zweitwohnung, sein Mikroeigenheim, ein selbstgesteuertes rundum vernetztes Fahrzeug, um 07.30 Uhr vor die Haustür.

Smart Road Office – das Internet der rollenden Dinge

Glas Klar wohnt im Grüngürtel, ein wenig abseits der Agglomeration – frische Luft, absolute Ruhe. Der Arbeitsweg ist nicht mehr wichtig, in seinem selbstgesteuerten Mikroeigenheim kann er sich auf die nächsten Termine vorbereiten. Pünktlich um 08.00 Uhr verlässt er sein Fahrzeug vor dem Baur au Lac. Alle persönlichen Daten und Einstellungen werden gesperrt. Das Fahrzeug steht ab sofort zur Verfügung der Fahrtenvermittlungs-Internetplattform „Xuber“, einer Konkurrenzorganisation zu Uber.(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Das Fahrzeug nimmt unverzüglich den Taxi- und Lieferdienst für Dritte auf. Es braucht keinen Parkplatz, es ist immer unterwegs. Einmal pro Tag macht es einen Reinigungs-, Wartungs- und Update Stopp. Und am Abend steht es wieder Glas Klar zur Verfügung, frisch gereinigt mit einem Reset, das die persönliche Konnektivität wieder herstellt. Sein Fahrzeug, sein Eigentum, seine Investition.

„Xuber“ ist noch eine Geschäftsidee – mit überwältigenden Vorteilen: Finanziert durch die Inhaber der Fahrzeuge (oder Kreditinstitute), vermarktet über Internetplattform-Dienstleister, das Ganze multiplikativ umgesetzt, weltweit, in rasendem Tempo.

Für die Inhaber ist das selbstfahrende Mikroeigenheim nicht mehr Cost-Center, es ist Ertragsquelle, laufend auf dem neuesten Stand, prioritär verfügbar für 24 Stunden (vgl. auch Industrie 4). Die Nutzer der Taxi- und Lieferdienste erzielen gewaltige Kostenvorteile. Diese können soweit gehen, dass sie vollständig entfallen (gratis sind): das gebuchte Restaurant übernimmt die Fahrtkosten, das Shopping- oder Fitness-Center, die Kosmetik- und Wellness-Oase, oder eine Vermarktungs-Gesellschaft für die Gelegenheit, dem Nutzer während der Fahrt Produkte und Dienstleistungen vorstellen zu dürfen.

Und nebenbei: Was das Ganze für den öffentlichen Verkehr bedeutet, haben wohl die Wenigsten so richtig begriffen.

Digital Health – personalisierte Medizin

Glas Klar ist gesundheitsbewusst. Er hat sich ein Implantat unter die Haut setzen lassen, welches Gesundheitsdaten erfasst und misst. Haut durchleuchten, Spritze setzen, einen reiskorngrossen Chip in die Hautfalte zwischen Daumen und Zeigefinger jagen, bisher eine Domäne der Veterinäre für unsere Haustiere. Das Implantat übernimmt zwei Aufgaben:

Erstens stellt es sämtliche Daten für Vertragspartner zur Verfügung (wie elektronische Patientendossiers), die aus den gesammelten Daten Muster erkennen und analysieren. Dafür erhält der Implantatträger individuelle Vorschläge zu Ernährung, Bewegungen und Medikamentenüberwachung und -dosierung.

Zweitens haben die Daten Einfluss auf die persönliche Prämiengestaltung für Krankenkassen: selbstschädigendes Verhalten wird geächtet und über Prämienzuschläge bestraft (ins Reich der kranken Phantasie gehört, dass ungesundes Verhalten, das zu einem früher Tod führt, belohnt wird).

Als Ersatz für Implantate kommen natürlich auch Wearables in Frage wie Smart Watches. Auf jeden Fall wird das Internet der Dinge auch die Gesundheitsbranche revolutionieren.  Digital Farming für den Agrarsektor wäre ein weiteres Beispiel (Feldsensoren).(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Dass nach einer Studie von Ernst & Young vom Dezember 2015 (bei 700 Unternehmungen in der Schweiz) die neuen digitalen Technologien für zwei Drittel der Studienteilnehmer (Unternehmungen mit 30 bis 2000 Mitarbeiter) gar keine oder kaum eine Rolle spielen für das eigene Geschäftsmodell, verblüfft vollends und macht sprachlos. Nokia prognostiziert, dass im Jahr 2025 weltweit 30 Milliarden Geräte am Internet der Dinge teilnehmen werden.

Neue Netze – Strahlenschutz?

Das Internet der Dinge ist auf Sensoren, Chips und auf ein Netz angewiesen. Swisscom will ein solches Netz aufbauen, das bis Ende Jahr 80% der Bevölkerung erreichen soll. Im Vergleich zum Handynetz sollen die Investitionen geringer sein, man spricht von einem einstelligen Millionenbetrag, bei vollständiger Abdeckung bis hin zu den Gebäuden von einem mittleren zweistelligen. Zwar müssen zusätzliche Sender aufgestellt werden (im Abstand von 5 bis 15 Kilometer), bestehende Masten können jedoch verwendet werden. Da die Antennen für dieses Netz eine tiefe Sendeleistung voraussetzen, braucht es dazu keine Bewilligung und für das Frequenzband keine Konzession (die Datenübertragung erfolgt über konzessionsfreie Frequenzbänder im Sub-GHz-Bereich).(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Es sind Frequenzen, die auch für Garagentoröffner und Babyphones verwendet werden. Auch SIM-Karten entfallen. Werden sporadisch kleine Datenmengen übertragen (im Low Power Wide Area Network – LPWAN), kann eine Knopfbatterie im Sender bis drei Jahre und länger halten.

Das Antennennetz der Swisscom für das Internet der Dinge basiert auf dem  „Lora-WAN“ Standard (Long Range Wide Area Network) für Pakete, Briefkästen (Push-Mitteilungen) oder Fahrzeuge (zusammen mit Partnergesellschaften errichtet die Swisscom Parkplätze mit Sensoren, welche erkennen, ob ein Fahrzeug die Parkplätze besetzt).

Die Strahlung der Funkstationen soll ungleich schwächer sein als bei herkömmlichen Anlagen. Doch fehlen Erhebungen. Der Strahlenschutz bleibt ein Thema.

Smart Home, Smart Road Office und Digital Health, drei Anwendungsbereiche die zeigen, dass mit dem Internet der Dinge völlig neue Märkte erschlossen werden. In Zukunftsszenarien werden über implantierte NFC-Mikrochips Körper vernetzt (Near Field Communication). Per Handschlag bezahlen und ohne Schlüssel Türen öffnen und Fahrzeuge starten. Daneben wichtige Dokumente speichern wie Passwörter, Personalausweise, Führerschein, Allergien, Unfälle, Krankheiten, das eigene Testament. Der Nutzer wird zum integralen Bestandteil des Internet der Dinge, des „Internet of us“. Doch diese Lebenserleichterungsindustrie fördert auch die Vermarktungs- sowie die zivile und öffentliche Überwachungsindustrie.

Risiken – noch alles im Griff?

Die Dinge mit Internetanschluss sind schlecht gesichert (es fehlen die Sicherheitsnormen), sie können die Nutzer überwachen oder einfach Daten sammeln die zu Werbezwecken missbraucht werden. Ist die zentrale Software proprietär, hat man keine Chance, die Privatspähre zu schützen. Die Bedeutung der freien Software ist andererseits noch wenig diskutiert:(Klicken Sie zum Weiterlesen)

Freie Software erfüllt vier Forderungen: „Die Nutzer des Programms dürfen dieses nach Belieben ausführen. Sie dürfen es untersuchen und anpassen. Zudem dürfen sie es kopieren und weitergeben. Und auch ihre Anpassungen dürfen sie mit anderen Leuten teilen“ (Richard Stallman im Interview mit der BZ vom 11. Februar 2016). Ähnliches gilt für die Open-Source. Der Quellcode wird mitgeliefert. Im Gegensatz dazu darf die proprietäre Software nur so genutzt werden, wie die Hersteller es erlauben. Erworben wird das fertig kompilierte Programm. Der Programmcode wird nicht offen gelegt. Deshalb entfallen Anpassungen, Erweiterungen und die Suche nach Schwachstellen oder schädlichen Funktionen (Malware).

Gefahren aus dem Überstaat – wir sind gewarnt

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Glas Klar

Die öffentliche Sicherheit, die Gesundheit der Bevölkerung, die private Sicherheit – sind in vielen Belangen eine Zielsetzung des Staates. Unzählige Daten aus den omnipräsenten Sensoren für Smart Life stehen auch dem Staat zur Verfügung. Doch der demokratische Staat hat keinen Erziehungsauftrag und erst recht keinen Therapieauftrag. Bürger geben und nehmen im Rahmen einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenordnung. Damit die vielen Glas Klar Risiken eingehen, Kreatives suchen und Neues schaffen, müssen die staatlichen Institutionen unkontrollierte Freiräume zulassen. Der selbstbestimmende Glas Klar braucht ein gewisses Mass an Autonomie und Distanz, Authentizität.

Aus linker Seite erkennbar ist eine grosse Erwartung nach Konformität – Meinungskonformität, Leistungskonformität, Verhaltenskonformität. Eigensinn stösst an. Zuviel davon schadet der Wohlstandsentwicklung, stört das Wertesystem, muss in Schranken gehalten werden, meinen sie.

Tempo 30 gilt nicht nur bei starkem Verkehr, Tempo 30 gilt auch am morgen früh um 05.00 Uhr, wenn niemand unterwegs ist. Kontrolliert und bestraft wird aus Prinzip, Ausnahmen sind nicht vorgesehen.

Der Staat unterwirft, diszipliniert, übt Macht aus, wenn und soweit wir es zulassen. Die technische Entwicklung der allgegenwärtigen Sensoren und Aktoren gibt dem Staat bisher unbekannte Mittel in die Hand, den Bürger Glas Klar in die Leitplanken zu zwingen und zwar jene Leitplanken, die der Mainstream zur Zeit als richtig gesetzt erachtet. Und die Unterwerfungsbereitschaft kann erschrecken, nicht in Deutschland, hier in der Schweiz!

Citizen Score – ein soziales Punktesystem für alle Bürger – später

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Hätte man Ihnen vor 10 Jahren gesagt, dass dereinst

  • die Banken Negativzinsen auf Ihrem Sparkonto in Erwägung ziehen
  • Geld- und Wirtschaftspolitiker ungeniert darüber diskutieren, das Bargeld abzuschaffen

hätten Sie vermutlich den Kopf geschüttelt. Undenkbar. Hören Sie heute, dass

  • im Rahmen der Digitalisierung der Staat Kontroll- und Lenkungsaufgaben übernimmt, die unsere Individualität und Freiheit grob einschränken

schütteln Sie auch noch den Kopf? Was denken Sie? Teilen Sie es uns mit.

08.04.2016/Renzo Zbinden